Dubăsarii Vechi

Am Montag war ich mit Vitali, einem der Mitarbeiter der Casa Providenței, im Dorf Dubăsarii Vechi am Dnjestr um dort Lebensmittelpakete an bedürftige Familien bzw. Personen auszuliefern.

 

Weggeschwemmte Sandwege mit tiefen Schlaglöchern. Die einzige asphaltierte Straße endet am Dorfplatz. Die Häuser sind niedrig. Eine Etage. Eigentlich schöne alte Häuser. Morsche Holzzäune neben herausgeputzten frisch gestrichenen Metalltoren. Dahinter Armut. Das ist also auch Euuropa. Im Garten wachsen Weintrauben und Gemüse. Hühner und Gänse laufen umher. Es riecht unangenehm. Hunde kläffen. Wir treffen auf Alte, die auf improvisierten Krückstöcken aus Holz oder Blech durch den Garten schlurfen. Trotzdem arbeiten Sie. Dankbarkeit. Ich bekomme Wallnüsse geschenkt. Wir sehen Kranke: Ein Alter ist völlig erblindet. Er tastet sich über sein Grundstück, durch das Haus. Sein Sohn hat auch eine Behinderung. Einer anderen Frau wurde ein Bein amputiert, bald folgt das zweite. Diabetes. Sie ist bettlägerig. In den Häusern Gemütlichkeit trotz nackter Glübirnen und unverputzer Wände. Auf den Höfen zusammengezimmte Verschläge. Unglaublicher Dreck am Straßenrand, Plastikmüll. Auf den huckeligen Wegen spielen Kinder im Sand, reinigen Frauen und Männer gelb-braunen Mais. In der Mitte des Dorfes steht eine Ruine. Seit dreißig Jahren warten wir auf eine Schule, erzählt die Mitarbeiterin vor Ort. Der Rohbau eines neuen Geschäftszentrums wurde in einem Monat hochgezogen. Mit Schulen lässt sich eben kein Geld verdienen, meint sie. Mitten im Ort ein modernes Gebäude, ein Altentageszentrum. Eine österreichische Hilfsorganisation betreibt es. Die Landschaft ist hügelig. Zwischen den Hügeln zieht der Dnjestr seine Schleifen. Auf der anderen Seite des Flusses liegt schon Transnistrien. Dort kostet alles nur die Hälfte, sagt Vitali.

Zuletzt noch einen Abstecher nach Vadul lui Vodă. Das Naherholungszentrum am Dnjestr. Ein breiter Sandstrand, eine Uferpromenade mit vielen Restaurants. Es herrscht gespenstische Leere. Im Sommer kann man sich hier gut erholen, meint Vitali überzeugt. An einem Ende der Promenade ein modernes Trainigszentrum mit Kunstrasenplatz. Wer hier trainiert, keine Ahnung.

Der erste Pferdewagen

Die ersten Wochen sind Geschichte.  Mein erster Eindruck hat sich bestätigt – ich bin hier definitiv am richtigen Ort gelandet.

Mein Tagesablauf ist in etwa wie folgt:

9.30 Uhr Beginn der Arbeit, verschiedene kleine Tätigkeiten z.B. Lebensmittelpakete vorbereiten, Wasservorrat in der Kantine auffüllen, Vorbereitungen für die Arbeit im Altenzentrum

11 Uhr Tageszentrum öffnet, Beschäftigung mit den Senioren

12-14.30Uhr Essensausgabe in der Sozialkantine für ca. 150 Menschen in zwei Schichten

14.30 Uhr Tageszentrum, Spiele mit den Senioren, Basteln

Dienstags bin ich zudem vormittags in der Großküche beschäftigt und schäle dort Unmengen an Kartoffeln, Möhren oder Zwiebeln. Dabei rückt die Angabe in Kilogramm in  den Hintergrund – man sagt lieber gleich wie viel Säcke es heute waren.

Die Arbeit macht mir wirklich Spaß, in den letzten Tagen hatte ich schon ebenso lustige wie bedrückende Gespräche mit den alten Menschen bei uns. Die meisten von ihnen sind wohl, ohne zu übertreiben, Lebenskünstler, denn mehr als 100Euro Rente bekommt niemand von ihnen. Da stimmt es doch nachdenklich, dass ich als Freiwilliger schon mehr bekomme. Ebenso oft hört man, dass sich die Leute übeflüssig fühlen, für sich keinen Platz mehr in der Gesellschaft sehen und, in ihrer Wahrnehmung, kaum mehr Freundlichkeit im Alltag erfahren.

In der Freizeit machen wir, Olga und ich, ziemlich viel verschiedenes. Ich habe als Deutschlehrer bei einem deutschen Kulturverein angefangen und unterrichte nun zweimal in der Woche die Anfänger. Ansonsten erkunden wir die Stadt immer ein bisschen mehr: Wir waren schon bei einem Konzert von Carla´s Dreams. Das Jugendevent in Chisinau schlechthin. Tausende Menschen –  die dummerweise alle durch ein 4m breites Tor müssen. Dementsprechend begann das Konzert nicht, wie auf den Karten angekündigt um 6, sondern gegen halb 11.

 

Am Freitag haben wir eine Art Betriebsausflug aufs Land gemacht. Auf dem Weg dahin konnte man bereits einen ersten Eindruck vom Landleben bekommen – Pferdewagen, voll beladen mit Mais waren da keine Seltenheit, ebenso wie  viele kleine Kapellen und nichtasphaltierte Schotterwege. Mitten im Wald wurden wir dann erwartet – zum Teambuilding. Wer hätte gedacht, dass ich die Spiele vom Vorbereitungsseminar in ähnlicher Form wiedertreffe. Das ganze war eine sehr lustige Angelegenheit und man kann schon sagen, dass ich mich in der Runde sehr wohlfühle. Was den kulturellen Aspekt betrifft so besichtigten wir noch ein orthodoxes Kloster und ein Mönch erklärte uns historische wie architektonische Details.

Traubenpressen zur WeinherstellungKlosterkircheWeinfässerBlick übers TorP1000202

 

Galerie

Ich bin da!

Mein Freiwilligendienst hat begonnen, seit Dienstag, den 02. September, bin ich jetzt in der Hauptstadt der Republik Moldau.

Wie ist also der berühmt-berüchtigte „erste Eindruck“? Vielleicht fangen wir mal umgekehrt an:  Also, Chisnau ist nicht Berlin und auch keine deutsche Stadt. Wer hätte das gedacht, tatsächlich sticht dieser Fakt aber doch am ehesten ins Auge.  Es ist, entfernt man sich vom Stadtzentrum, nicht wirklich sauber, sowjetische Plattenbauten findet man an jeder Ecke, man sieht Straßenhunde und wenn ein LKW vorüberfährt, hat man damit zu tun den aufgewirbelten Staub nicht in sämtliche Körperöffnungen zu bekommen. Aber – man kann mehr oder weniger sicher einen Zebrastreifen überqueren.

Ansonsten beeindrucken in Chisinau die Märkte, auf denen Gemüse und Obst im Überfluss angeboten werden. Außerdem ist die Stadt sehr, sehr grün, viele Platanen säumen die Straßen, Parks dominieren das Stadtbild.

Ein wirklich krasses Bild bieten die Preise hier in Moldawien – eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel bekommt man für 2 Lei, was etwa 10ct entspricht. Zur Wahrheit gehört aber unbestreitbar auch, dass z.B. die monatlichen Renten hier nicht selten unter 100€ liegen.

Die Menschen in meiner Arbeiststelle sind sehr  herzlich und haben mir das Ankommen leicht gemacht. In den nächsten Wochen werde ich einen Einblick in das Leben hier in der Casa Providentei bekommen und in verschiedene Bereiche hineinschauen können.

Ach, und zur Wohnung. Ich wohne hier im Sozialzentrum direkt unterm Dach und habe – noch – eine Etage für mich allein 😉